Baumgart über das DFB-Team: "Musiala und Wirtz sind Talente - mehr noch nicht"

WAS IST PASSIERT? Steffen Baumgart hat sich zur aktuellen Lage der deutschen Nationalmannschaft geäußert. Dabei sparte der Trainer des 1. FC Köln nicht mit Kritik.

WAS WURDE GESAGT? "Wir müssen erst mal erkennen, dass wir nicht mehr der Mittelpunkt der Welt sind", sagte Baumgart in der Bild am Sonntag: "Der internationale Fußball ist zusammengerückt. Wir haben nicht eine WM - außer 1990 - gewonnen, wo wir den besten Fußball gespielt haben. Wir haben aber alles niedergerungen und sind als Team aufgetreten. Das war immer unsere Stärke. Nicht die Schönspielerei."

Ein Grund für die Misere des DFB-Teams sieht der 51-Jährige in der Vorgehensweise nach dem Vorrunden-Aus bei der WM 2018 in Russland.

"Danach haben wir einige unserer besten Spieler vergrault. Toni Kroos, Thomas Müller - die waren plötzlich nicht mehr gut genug", so Baumgart: "Stattdessen haben wir uns eingeredet, dass wir auf junge Leute setzen müssen. Aber die jungen Kerle sind gar nicht in der Lage, von jetzt auf gleich die Verantwortung zu übernehmen."

Jamal Musiala vom FC Bayern und Florian Wirtz von Bayer Leverkusen "sind Talente - mehr noch nicht. Ja, Top-Talente, die ich auch gerne im Team hätte, aber sie leben aktuell noch von Spielern wie Müller und Kimmich", so der gebürtige Rostocker.

WIE MACHEN ES ANDERE NATIONEN? Andere Nationen würden dagegen viel länger auf ihre alten Haudegen setzen, wenn die Qualität stimmt, erklärte Baumgart.

"Jede andere Nation lässt ihre 36-jährigen Helden spielen, bis sie nicht mehr laufen können. Weil sie einfach die Besten sind", sagte der frühere Stürmer.

Auf die Frage, ob er Kroos und Müller spielen lassen würde, wenn er den Posten von Bundestrainer Hansi Flick inne hätte, antwortete Baumgart: "Natürlich, Kroos und Müller gehören immer noch zu den Besten. Ich habe ein Problem damit, dass die Öffentlichkeit, allen voran die sogenannten Experten, die doch selbst alle mal gespielt haben, darüber entscheiden, wer gut genug ist. Die Kroaten würden einen Modric auf den Platz tragen, damit er mit 38 Jahren noch für sein Land spielt, weil er ein Held ist. Und wir? Wir zerlegen unsere Jungs jedes Mal."

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EIN BLICK AUF DIE HEIM-EM: Mit Blick auf die Heim-EM 2024 ist Baumgart trotzdem noch halbwegs optimistisch. "Wir sorgen doch selbst für schlechte Stimmung. Wir werden immer eine Rolle spielen. Ich glaube auch, dass wir die EM gewinnen können. Aber der Umgang mit unseren Spielern muss sich ändern. Immer nur draufhauen bringt nix. Deshalb habe ich ja auch so Probleme mit den sogenannten Experten", so der Köln-Coach.

Deutschland scheiterte bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften in Russland und Katar jeweils sang- und klanglos in der Vorrunde. Bei der EM 2021 war bereits im Achtelfinale Endstation.

Auch die jüngsten Ergebnisse bereiten Bauchschmerzen. In den fünf Partien des Jahres 2023 kassierte das DFB-Team drei Niederlagen gegen Belgien (2:3), Polen (0:1) und Kolumbien (0:2). Gegen die Ukraine sprang ein 3:3 heraus, der einzige Sieg gelang gegen Peru (2:0).